Geld bzw. Kapital anlegen
Als Anwalt, auf dessen Schreibtisch öfters verunglückte Kapitalanlagen liegen, gebe ich
andere Ratschläge als Finanz-, Anlage-, Versicherungsvermittler, Kreditinstitute und
Grundstücksmakler in ihren Werbe-Texten. Ich verzichte im Folgenden aufs Gendern und
bitte diejenigen, die nicht direkt angesprochen sind, es gleichwohl auf sich zu beziehen.
Wie in einem Ladengeschäft sollte sich jeder Interessent einer Kapitalanlage spätestens in
der Kassenschlange, hier: vor der Unterschriftsleistung noch einmal gründlich überlegen, ob das zu schließende Geschäft dem ursprünglichen Interesse entspricht und das ursprüngliche Bedürfnis erfüllt. Nicht selten werden Kunden zu weiteren oder größeren Geschäften überredet.
Die in der Werbung beschworene „Beratung“ ist in der Praxis gelegentlich Verkaufsgespräch mit trainierten Vertriebsmitarbeitern, im schlimmsten Fall verfolgt der „Berater“ vor allem sein eigenes Provisionsinteresse. Nun muss bei Grundstücksgeschäften immer eine zweite Person eingeschaltet werden, nämlich eine Notarin/Notar. Dieser erbringt zwar keine Beratung im Rechtssinne, also prüft u.a. nicht dahingehend, ob das Haus zu den persönlichen Verhältnissen des Käufers entspricht, kann aber in Einzelfällen auch selbst in eine Haftung geraten.
Bei Wertpapiergeschäften hat sich der Gesetzgeber in den vergangenen Jahrzehnten zu
einer Reihe von Schutzvorschriften zugunsten von Kleinanlegern durchringen können, gegen die Lobbyarbeit der Anbieterseite. Wenn Berater oder Vermittler gegenüber einem Kunden eine Wertpapier-Empfehlung aussprechen, müssen sie dieses Beratungsgespräch
dokumentieren (§ 34 Abs. 2a WpHG). Finanzanlagenvermittler müssen jede Beratung
dokumentieren, und der Rechtsbegriff „Beratung“ ist hier weit zu verstehen. Der
Mindestinhalt einer solche Dokumentation ist geregelt worden („WpDVerOV“). Es gibt
durchaus Sanktionen bei Verstößen, die leider in diesem Rechtsbereich mitunter schwach
ausfallen. Ähnliche Dokumentationspflichten und Informationspflichten bestehen bei
Darlehensabschlüssen, wie etwa das notwendige „Europäische standardisierte Merkblatt“
(ESIS).
Gleichwohl rate ich dazu, bei Beratungen zu größeren Verträgen, den Ehegatten oder
Bekannte hinzuzuziehen, also teilnehmen zu lassen. Die „Beratungs-Dokumentation“, die der Kunde gegenzeichnen muss, deckt sich inhaltlich oft nicht mit den tatsächlichen
Gesprächsinhalten. Sie sind vom „Verkäufer“ formuliert. Sind darin Gesprächsinhalte
erwähnt, die gar nicht angesprochen worden sind, insbesondere Risikoaufklärungen,
verlangen Sie diese! Außerdem sollten Sie als Kunde die Texte mindestens grob lesen, die Sie unterschreiben sollen. Wenn man Sie deswegen verlacht oder sonst davon abzuhalten
versucht, sollten man nicht an sich, sondern an der Seriosität des Gegenüber zweifeln.
Gleiches gilt, wenn ein Verkäufer mit Zeitdruck arbeitet („dieses Angebot gilt nur noch
heute“).